Tellkamps neuer Roman ist 900 Seiten stark. Weniger hätte es auf keinen Fall sein dürfen. Ich selbst bin zu zwei Dritteln durch - was Tellkamp geleistet hat, ist kaum zu fassen. Es ist Erinnerungs- und Ordnungsarbeit in stiftendem Ton, eine Erhellung der Lage, in der wir sind, eine Verortung in einer undurchdringlichen Staats- und Gesellschaftsmaschine.

Im Literarischen Trio ist es natürlich Susanne Dagen, die diesen Roman vorstellt. Scholdt trägt die Kategorie "Barock" bei - eine sehr treffende Charakterisierung, und Kositza sieht einen breiten Fluß, unter dessen Oberfläche es poltert.

Man weiß es, ahnt es: der Roman zur Stunde ist da! Wer das Labyrinthische in Ordnungsvorstellungen, Prinzipien der Machtausübung, Verflechtungen von Politik, Staatsapparat und Medien ins gültige Bild gefaßt haben möchte, wird Tellkamp lesen. Wer mit wenig zufrieden ist, wird ihn liegenelassen und sehr, sehr viel verpassen.

Der Schlaf in den Uhren, gebunden, 900 Seiten - hier bestellen!

Ulrike Guérot: Wer schweigt, stimmt zu - 16 €

Scholdt entschied sich für Guérot: Wie ist es, wenn man als gefeierte und eingebettete Denkerin plötzlich bemerkt, daß Widerspruch überhaupt nicht erwünscht ist? Fakten werden moralisch aufgeladen, Nichtskönner und Nichtswisser überheben sich über denjenigen, der unbequeme Fragen stellt.

Man spürt bei Guerot den Corona-Schock, liest ihre Verteidigung gegen Verlogenheit und Cancel-Culture, nickt zu ihrer entgeisterten Feststellung, daß es wohl die Rechten seien, die mehr sahen und gründlicher dachten ...

Ein kluges, ehrliches Buch, nicht umfangreich und dadurch sehr gut geeignet, denen, die endlich kippen wollen, beim Kippen zu helfen.

Wer schweigt, stimmt zu, gebunden, 141 Seiten - hier bestellen.

Kositza stellt Edgar Selges literarisches Debüt vor: Ein Zwölfjähriger erzählt seine Kindheit um 1960, in einer Stadt, nicht groß, nicht klein. Ein bürgerlicher Haushalt, in dem viel Musik gemacht wird - der Vater ist Gefängnisdirektor. Der Krieg ist noch nicht lange her, und die Eltern versuchen, durch Hingabe an klassische Musik und Literatur nachzuholen, was sie ihre verlorenen Jahre nennen.

Überall spürt der Junge Risse in dieser geordneten Welt. Gebannt verfolgt er die politischen Auseinandersetzungen, die seine älteren Brüder mit Vater und Mutter am Eßtisch führen.

Dieses Buch ist seit Wochen ein Bestseller, und Kositza wunderte sich, daß sie diesmal voll mit dem Strom schwimmt: Sie findetes großartig.

Hast du uns endlich gefunden, gebunden, 301 Seiten - hier bestellen.

Günter Scholdt – Schlaglichter auf die „Innere Emigration“ - 27,50 €

Die „Innere Emigration“ der Jahre 1933–1945 gehört zu den am meisten unterschätzten Sektoren deutscher Literaturgeschichte. Günter Scholdt, Germanist und Historiker, ist einer der ganz wenigen gründlichen Kenner der Materie.

In seinem neuen Buch geht es Scholdt um die Erschließung der nicht-nationalsozialistischen Literatur, die dennoch zwischen 1933 und 1945 in Deutschland erschien. Scholdt hat unfaßbar viel gelesen, er breitet es vor uns aus und erschließt den Bestand sogar noch mit hilfreichen Registern.

Aktualität besitzt seine Arbeit, weil Scholdt die besondere Bedeutung herausarbeitet, die das dissidente Schreiben der NS-Jahre hinsichtlich der Verwerfungen in unserer eigenen Zeit gewinnt.

Schlaglichter auf die „Innere Emigration“, Softcover, 476 Seiten – hier bestellen!